Die Verabredung, gemeinsam ein illegales Straßenrennen auszutragen, reicht für die Annahme eines mittäterschaftlichen Tötungsdelikts nicht aus.
WKR-Erklärung: Das Landgericht Berlin hatte zwei Angeklagte wegen mittäterschaftlich begangenem Mord zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Die Angeklagten hatten sich in Berlin entlang des Kurfürstendamms und der Tauentzienstraße ein spontanes Autorennen geliefert. In dessen Verlauf fuhren sie bei Rotlicht zeigender Ampel mit Geschwindigkeiten von 139 bis 149 km/h bzw. 160 bis 170 km/h nebeneinander in den Bereich der Kreuzung Tauentzienstraße/Nürnberger Straße ein.
Hier kollidierte der auf der rechten Fahrbahn fahrende Angeklagte mit einem Pkw, der bei grünem Ampellicht aus der Nürnberger Straße in die Kreuzung eingefahren war. Dessen Fahrer erlag noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen. Durch die Wucht des Aufpralls wurde das Fahrzeug dieses Angeklagten zudem auf das neben ihm fahrende Fahrzeug des Mitangeklagten geschleudert, in welchem die Nebenklägerin auf dem Beifahrersitz saß. Sie wurde bei dem Unfall erheblich verletzt. Die beiden Angeklagten trugen lediglich leichte Verletzungen davon.
Die gegen die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenem Mord gerichtete Revision hatte Erfolg. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hob das Landgerichtsurteil insgesamt auf. Begründung: Die Angeklagten hatten die Möglichkeit eines für einen anderen Verkehrsteilnehmer tödlichen Ausgangs ihres Rennens erst erkannt und billigend in Kauf genommen, als sie in die Unfallkreuzung einfuhren. Genau zu diesen Zeitpunkt hatten sie keine Möglichkeit mehr, den Unfall zu verhindern und seien absolut unfähig gewesen, noch zu reagieren.
Das zu dem tödlichen Unfall führende Geschehen war also bereits unumkehrbar in Gang gesetzt, bevor die für die Annahme eines Tötungsvorsatzes erforderliche Vorstellung bei den Angeklagten entstanden war. Ein für den Unfall und den Tod unfallbeteiligter Verkehrsteilnehmer ursächliches Verhalten der Angeklagten, das von einem Tötungsvorsatz getragen war, gab es daher nicht.
Einen weiteren Rechtsfehler erkannte der BGH im Zusammenhang mit der Verurteilung des Angeklagten, dessen Fahrzeug nicht mit dem des Unfallopfers kollidiert war. Seine Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes könnte – selbst wenn die Strafkammer die Annahme eines Tötungsvorsatzes bei Begehung der Tathandlungen rechtsfehlerfrei begründet hätte – keinen Bestand haben. Aus den Urteilsfeststellungen ergäbe sich nämlich nicht, dass die Angeklagten ein Tötungsdelikt als Mittäter begingen.
Dafür wäre erforderlich, dass die Angeklagten einen auf die Tötung eines anderen Menschen gerichteten gemeinsamen Tatentschluss gefasst und diesen gemeinschaftlich (arbeitsteilig) ausgeführt hätten. Die Verabredung, gemeinsam ein illegales Straßenrennen auszutragen, hat einen anderen Inhalt und reicht für die Annahme eines mittäterschaftlichen Tötungsdelikts nicht aus. (BGH – 4 STR 399/17)
Quelle: www.iww.de