Relativiert ein Arbeitnehmer in der Betriebsöffentlichkeit den Holocaust, so kann dies gemäß § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
WKR-Erklärung:
Stellt ein Arbeitnehmer die massenhaften Gaskammer-Morde im 2. Weltkrieg in Abrede und relativiert er das Ausmaß der Judentransporte, sind das Äußerungen die zumindest einen volksverhetzenden Charakter haben und den Betriebsfrieden stören.
Bei einem Mitarbeiter eines Unternehmens für Abfallmanagementdienstleistungen wurden im Dienstwagen mehrere Musik-CDs mit rechtsradikalen Inhalten gefunden. In diesem Zusammenhang kam der Mitarbeiter später mit einer Kollegin ins Gespräch, in dem auch der Holocaust thematisiert wurde. Darin leugnete der Mitarbeiter den Holocaust und tätigte weitere Aussagen, die einen volksverhetzenden Charakter hatten, so zumindest teilte es die Kollegin später dem Arbeitgeber mit. Dieser kündigte dem Mitarbeiter fristlos. Der erhob nunmehr Kündigungsschutzklage und behauptete, er hätte den Holocaust im Gespräch nicht geleugnet.
Das Arbeitsgericht Hamburg entschied gegen den Mann. Die fristlose Kündigung sei wirksam urteilten die Richter. Der Mann habe seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Unternehmens verletzt, indem er, so das Ergebnis der Beweisaufnahme, im Rahmen des Gesprächs mit der Kollegin, in der Betriebsöffentlichkeit volksverhetzende und den Betriebsfrieden störende Äußerungen getätigt hatte. Die Kollegin habe in ihrer Funktion als Zeugin glaubhaft machen können, dass der Mann gesagt habe, dass die Judentransporte nicht in dem Maße stattgefunden und Juden nicht vergast worden seien.
Nach § 130 Abs. 3 des Strafgesetzbuches ist sowohl das Herunterspielen, der während der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlungen in tatsächlicher Sicht, als auch das Relativieren in seinem Unwertgehalt unter Strafe gestellt. Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung der Äußerungen, weisen sie jedoch einen volksverhetzenden Charakter auf und haben den Betriebsfrieden gestört. Zudem erfolgten die Äußerungen auf dem Flur des Firmengebäudes und damit in der Betriebsöffentlichkeit. Es bedurfte vor der Kündigung keiner Abmahnung, da es sich um einen besonders schweren Pflichtverstoß handelte. Als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet. Für den Mann sei erkennbar gewesen, dass der Arbeitgeber solche volksverhetzenden Äußerungen auch nicht einmalig in seiner Betriebsöffentlichkeit hinnehmen würde. (ArbG Hamburg 18.10.2017, 16 Ca 23/17)
Quelle: www.otto-schmidt.de