Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg befasste sich mit der Berufung eines Betriebsratsmitgliedes, das seinen Arbeitgeber auf Fortzahlung der Schichtzulage in Anspruch nehmen wollte. Der Mann war seit 1978 im Unternehmen der Beklagten im Drei-Schicht-Betrieb als Dreher beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem geltenden Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden.
Im Jahr 1993 wurde der Mann für seine Tätigkeit im Betriebsrat freigestellt. Obwohl er diese Arbeit stets während der Tagesschicht ausführte, erhielt er weiter pauschal eine Schichtzulage ausgezahlt, die zuletzt rund 1000 Euro brutto monatlich betrug. Die Beklagte stellte im Dezember 2017 den Schichtbetrieb im gesamten Unternehmen ein. Dies teilte sie im März 2018 dem Mann mit und forderte ihn auf, die noch gezahlten Schichtzulagen für Januar und Februar zurückzuzahlen.
Der Mann erhob daraufhin im Mai 2018 Klage vor dem Arbeitsgericht und begehrte die Zahlung der bis dato fällig gewordenen Schichtzulagen. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Nun entschied das Berufungsgericht zugunsten des beklagten Arbeitgebers und wies die Klage ab. (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2019 zu Az.: 19 Sa 15/19)
Manteltarifvertrag sieht Verdienstsicherung im Alter vor
Der Kläger berief sich auf eine Bestimmung des Manteltarifvertrages, der Mitarbeitern ab dem 54. Lebensjahr Verdienstsicherung garantiert. Die Beklagte ist jedoch der Ansicht, dass die Schichtzulage nicht unter die Verdienstsicherung fällt und der Kläger demnach keinen Rechtsanspruch auf sie hat. Denn diese Regelung ziele darauf ab, ältere Mitarbeiter vor den finanziellen Einbußen zu schützen, die sie wegen ihres Alters erleiden. Sie solle Arbeitnehmer jedoch nicht für betriebliche Veränderungen entschädigen, die die gesamte Belegschaft betreffen. Durch die Einstellung des Schichtbetriebes fielen die Zulagen für alle Mitarbeiter weg. Die Bevorzugung des Klägers wäre deshalb eine unzulässige Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds, die § 78 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz verbietet.
Betriebsratmitglied darf nicht bessergestellt sein als andere Arbeitnehmer
Der Senat folgte schließlich der Auffassung der Beklagten, da der Schichtbetrieb im ganzen Unternehmen eingestellt worden war. Würde der Kläger aufgrund seines Alters eine Schichtzulage erhalten, würde er damit grundlos gegenüber jüngeren Mitarbeitern begünstigt. Eine solche Bevorzugung lasse sich nicht durch die tarifvertragliche Bestimmung rechtfertigen. Auch wegen seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied könne der Kläger nicht bevorzugt werden.
Zwar schreibe das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer Tätigkeit gegenüber anderen Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden dürfen, es verbiete aber zugleich eine grundlose Besserstellung. Als Vergleichsmaßstab müssten die Einkünfte der übrigen Mitarbeiter dienen. Wenn das Unternehmen im Ganzen den Schichtbetrieb einstellt und in der Folge keiner der Mitarbeiter eine Zulage erhält, dann kann auch ein Betriebsratsmitglied diese nicht mehr verlangen, so das Landesarbeitsgericht.