Eine erhebliche Verlängerung der Kündigungsfrist kann als unangemessene Benachteiligung für den Arbeitnehmer gewertet werden, wenn sie nicht den Geboten von Treu und Glauben im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entspricht.
WKR-Erklärung:
Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die zwar den gesetzlichen Rahmen einhält, aber wesentlich länger ist, als die gesetzliche Regelfrist, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt.
Das tat das Bundesarbeitsgericht im Falle eines Leipziger Speditionskaufmannes. Dieser erhielt ursprünglich 1.400 Euro brutto für eine 45-Stunden-Woche. Im Juni 2012 schloss der Arbeitgeber mit ihm einen Zusatzvertrag, der die Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre verlängerte und zugleich das monatliche Gehalt des Arbeitnehmers auf 2.400 Euro anhob. Das Gehalt war bis zum 30.05.2015 gefixt.
Nachdem ein Kollege festgestellt hatte, dass auf den Computern der Firma, das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm “PC Agent” installiert war, kündigten der Mann und weitere fünf Arbeitnehmer am 27.12.2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31.01.2015. Der Arbeitgeber war allerdings der Meinung, dass das Arbeitsverhältnis des Mannes, auf Grund der verlängerten Kündigungsfrist im Zusatzvertrag, bis zum 31.12. 2017 fortbestünde und klagte. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Klage ab. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hatte ebenso keinen Erfolg.
Im Fazit der Richter heißt es unter anderem: Die im Arbeitsvertrag enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Das LAG hat trotz der beiderseitigen Verlängerung eine unausgewogene Gestaltung der Kündigungsfrist festgestellt. Der Nachteil für den Beklagten wird auch nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfriert. (BAG 26.10.2017, 6 AZR 158/16)