Ein Dienstvergehen eines Beamten, dass in Schwere und Umfang das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in eine ordnungsgemäße Dienstführung erheblich beschädigt hat, rechtfertigt die vorläufige Dienstenthebung und die Kürzung der Bezüge.
WKR-Erklärung:
Eine Studienrätin hatte Sonderurlaub beantragt, um ihre Tochter nach Australien begleiten zu können. Die Tochter nahm dort an der RTL-Fernsehshow “Ich bin ein Star – Holt mich hier raus”! teil. Der Urlaubsantrag der Studienrätin wurde jedoch von der Landesschulbehörde abgelehnt. In der Folge reichte die Frau für den Zeitraum des von ihr geplanten Sonderurlaubs, eine Krankschreibung ein und reist mit ihrer Tochter nach Australien zur RTL-Show. Davon erfuhr die Landesschulbehörde über eine im Fernsehen ausgestrahlte Videobotschaft, in der die Studienrätin mit ihrer Tochter in Australien zu sehen war.
Im Anschluss verfügte die Landesschulbehörde die vorläufige Dienstenthebung der Studienrätin und die Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge. Zur Begründung führte die Behörde an, dass die Studienrätin wahrheitswidrige Angaben über ihren Gesundheitszustand gemacht habe und damit dem Dienst trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unentschuldigt ferngeblieben sei. Erschwerend komme hinzu, dass sie öffentlichkeitswirksam eine Reise nach Australien unternommen habe. Das Vertrauen in ihre Zuverlässigkeit und Integrität sei somit erschüttert.
Die Studienrätin stellte nunmehr vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg einen Eilantrag, um die vorläufige Dienstenthebung und die Kürzung der Bezüge aufzuheben. Dem Eilantrag gab das Verwaltungsgericht statt. Denn, so die Begründung, es sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass in dem gegen die Studienrätin geführten Disziplinarklageverfahren die disziplinarische Höchstmaßnahme — also die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis — ausgesprochen werde. Zumindest sei als Reaktion auf dieses Dienstvergehen die nächst mildere Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung ebenso wahrscheinlich. Das sei für eine Aussetzung der Verfügungen der Landesschulbehörde ausreichend.
Die Richter der nächsten Instanz waren allerdings anderer Meinung. Der 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes bestätigte das Vorgehen der Landesschulbehörde und urteilte: Die planvolle und berechnende Vorgehensweise der Studienrätin zur Erwirkung des unrichtigen Gesundheitszeugnisses und die fehlende Einsicht in ihr Fehlverhalten lassen nicht darauf schließen, dass sie zukünftig die Gewähr dafür bietet, ihren Dienstpflichten als Beamtin trotz etwaiger entgegenstehender privater Belange nachzukommen. Das mache sie vor dem Hintergrund, der von ihr als Lehrkraft wahrzunehmenden Vorbildfunktion für die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrags untragbar. Zu ihren Ungunsten sei erschwerend der Umstand zu berücksichtigen, dass sie während des laufenden Beschwerdeverfahrens, trotz entgegenstehender Vorgaben der Landesschulbehörde, einer bundesweit erscheinenden Zeitung ein Interview gegeben habe. Unter Betrachtung der Gesamtumstände, kann nicht auf den Fortbestand eines Restvertrauens des Dienstherrn in sie geschlossen werden. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Quelle: Oberverwaltungsgericht Niedersachsen – 3 ZD 10/17 vom 09.02.2018