Die beim Aufstellen eines Werbeschildes zu beachtenden straßenwegerechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften dienen nicht dazu, Verletzungen eines mit dem Werbeschild kollidierenden Verkehrsteilnehmers zu verhindern.
WKR-Erklärung: Neben der Straße aufgestellte Werbeanlagen dürfen Verkehrsteilnehmer nicht ablenken, behindern und müssen standsicher aufgestellt sein. Weitergehende Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz stürzender Kradfahrer müssen sie nicht aufweisen.
Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde eines Kradfahrers zurückgewiesen. Damit wurde ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm rechtskräftig, das im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Kradfahrers gesprochen wurde.
Dieser war in einer Kurve gestürzt und im Nachgang gegen ein sechs Meter abseits der Fahrbahn befindliches Werbeschild eines Landwirtes gerutscht. Die Holzpfosten des Schildes waren mittels verzinkter Hülsen in einem Betonfundament verankert und verfügten über keinen Aufprallschutz. Der Kradfahrer erlitt beim Unfall eine Querschnittlähmung. Der Verletzte verlangte vom Landwirt Schmerzensgeld sowie materiellen Schadenersatz, da so die Sichtweise des Geschädigten, der Landwirt das Werbeschild ohne Genehmigung der Straßenbaubehörde und ohne einen gebotenen Aufprallschutz errichtet habe und mit der so geschaffenen Gefahrenlage gegen die Verkehrssicherungspflicht verstoßen hätte.
Das sahen die Richter nicht so und erklärten: Die beim Aufstellen eines Werbeschildes zu beachtenden straßenwegerechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften dienen nicht dazu, Verletzungen eines mit dem Werbeschild kollidierenden Verkehrsteilnehmers zu verhindern. Dass sie den Verkehr ablenkende und damit die Verkehrssicherheit und -leichtigkeit beeinträchtigende Werbeanlagen untersagen, verhelfe dem Kläger zu keinem Anspruch, weil er seinen Sturz nicht auf die Existenz des Schildes zurückführen könne. Zudem gingen von dem Schild keine die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Ablenkungswirkungen aus.
Der Landwirt hafte auch nicht deswegen, weil er es unterlassen habe, das Werbeschild durch eine polsternde Ummantelung der Pfosten, einen Fangzaun oder ähnliches weiter abzusichern oder seine Gründung so stabil auszuführen, dass das Fundament selbst beim heftigen Aufprall eines Krades nicht habe herausgehoben werden können. Bei nicht direkt an der Straße stehenden Schildern der vorliegenden Art, seien derartige Sicherungen nicht üblich und entsprächen auch nicht der Verkehrserwartung. Sie könnten vernünftigerweise auch nicht von Kradfahrern erwartet werden. Diese müssten auch mit sonstigen potenziell (ungesicherten) Hindernissen im Umfeld einer Straße wie z. B. Bäumen o. ä. rechnen. Derjenige, der ein Werbeschild im Umfeld einer Straße aufstelle, müsse lediglich dafür Sorge tragen, dass das Schild so beschaffen sei, dass sich durch Umwelteinflüsse keine Teile ablösen könnten, sowie dass keine Behinderung der Verkehrsteilnehmer durch eine ungünstige Position des Schildes oder eine Ablenkung durch dessen Aufmachung erfolge. Dem sei der Landwirt nachgekommen. Dabei hätten gerade die mittels Metallbefestigungen und der Betonvorrichtung mit dem Erdboden verbunden Pfosten die erforderliche Standfestigkeit gewährleistet und verhindert, dass sich Teile – etwa witterungsbedingt – lösen und mit Verkehrsteilnehmern kollidieren. (OLG Hamm /9 U 134/15, rkr nach VI ZR 162/16 BGH)
Quelle: OLG Hamm präzisiert Verkehrssicherungspflichten für an Straßen aufgestellte Werbeanlagen